Gleitschirm Streckenflug-Weltmeister? Check! :-)
„Weltmeister im Gleitschirm-Streckenflug“… wie klingt das? Grandios-genial! 🙂
Nicht minder kann ich mein Gefühl beschreiben, als heute am 1.10. die WXC-Saison 2015 offiziell zu Ende ging und ich mir nun die Krone im weltweiten Gleitschirm-Streckenfliegen aufsetzen darf!
Konnte ich voriges Wochenende bei der Liga-Siegerehrung den XC-Staatsmeister-Titel samt Sieg im Austria-Cup entgegen nehmen, so freut es mich heute ganz besonders, das oberste Treppchen aller Streckenflugjäger weltweit erklommen zu haben – im zeitgemäßen Facebook-Jargon gesprochen kann man dies durchaus als „Lebensereignis“ in seine Mensch-Chronik eingravieren.
Ging die letzten Jahre der WXC-Titel durchwegs an Flieger, die im fernen Brasilien, Südafrika oder Texas ihr Kilometer-Glück suchten, bin ich stolz diesen heuer mit einer Reihe von konstant weiten Flügen an der Ost-Alpen-Seite wieder nach Österreich zu holen.
Etwas, das seit der Gründung des Bewerbsformats anno 2007 nur einmal ein Österreicher schaffte, nämlich Gerald Ameseder in 2011.
Die Einzel-Leistungen samt Wertungs-Kriterien im Telegramm-Stil:
- Streckenflug-Weltmeister (die besten 6 Flüge aller Piloten weltweit)
- Österr. Streckenflug-Staatsmeister (die besten 3 Flüge eines Österreichers)
- Austria Cup-Sieger (die besten 3 Flüge eines Österreichers, in Österreich gestartet)
- Steir. Landesmeister (die besten 3 Flüge eines Steirers, in der Steiermark gestartet)
Mannschaftswertungen:
- Sieg im Streckenflug-Nationen-Cup (die 6 besten Flüge, der 5 besten Piloten eines Landes)
- 2. Platz mit Verein Mojo in Österreich (die besten 3 Flüge, der besten 3 Piloten eines österr. Vereins)
Konstant weite FAI-Dreiecke zwischen 250 und 270km waren heuer der Schlüssel zum Sieg, wie die Wertungs-Screenshots zeigen:
Ganz besonderen Grund zur Freude bietet bei der WM-Bilanz die Tatsache, dass dies nicht nur durch Flüge in den bereits breitgetretenen Streckenflug-Mekkas gelang, sondern dass ich gemeinsam mit meinen kongenialen steirischen XC-Mates kurzerhand unser eigenes Groß-XC-Mekka geschaffen habe: den Stoderzinken, gerade mal eine halbe Stunde von meiner Haustür entfernt…
War bis vor wenigen Jahren der Stoderzinken als schöner Einstieg in die Rennstrecke Ennstal vor allem für flache Dreiecke bekannt, konnten wir dieses in den letzten 2 Jahren beständig zu einem der größten und Punkte-ergiebigsten gleichseitigen FAI-Dreiecke weiterentwickeln – die derzeitige Bestmarke liegt bei 257,6 FAI-Dreiecks-Kilometern – und damit ist sicher noch lange nicht das Ende der Fahnenstange erreicht: Startmöglichkeit vor 10 Uhr, keine langen Talquerungen, keine Pässe mit Starkwind-Düsen und keine „natürlichen Grenzen“ für die Wendepunkte des FAI-Dreiecks sind schon mal wichtige Grund-Zutaten für weitläufige und dadurch Punkte-ergiebige Streckenabenteuer.
Darum werde ich auch nicht müde diese Route als potenzielles 300er-FAI-Gebiet auf den Nordalpen zu promoten! *yes* 😉
Die Tour führt dabei vom Dachstein-Massiv über das steinerne Meer bis nach Ruhpolding, von dort nach Süden zum Alpen-Hauptkamm im Gasteiner Tal und schließlich zurück zum Ausgangspunkt Stoderzinken bzw. bei guter Thermik noch weiter südlich bis über den Sölkpass, wenn es spät abends noch trägt. Sie gehört landschaftlich zu einer der schönsten Touren und durch die nicht ganz so hohen Gipfel der Ostalpen fühlt man sich früh abends auf über 3500m so richtig hoch und kann sich ganz dem Bestaunen der Erdkrümmung hingeben…
Einen filmischen Eindruck eines solchen Fluges gibt zum Beispiel dieses Video
Durch konsequentes Bevorzugen des Stoderzinkens gegenüber anderen Fluggebieten, die evtl. leichter verdientes Kilometergeld gebracht hätten, gelangen mir heuer dort mit meinem geliebten Ozone Mantra M6 drei annähernd gleich weite Flüge zwischen 250 und 257km – nicht ohne Lehrgeld zu bezahlen: denn ich bin beim Ausloten der Grenzen auch drei mal abgesessen: Der Rossbrand – als einzige Schlüsselstelle – forderte seinen Tribut. Die Landewiesen bei der Therme Altenmarkt finde ich daher mittlerweile schon blind… 😉
Die restlichen Groß-Strecken fanden Wetter-bedingt wieder in Südtirol statt: „Im Auge des Orkans“ (wie Armin Eder das Südtirol bei der Siegerehrung so treffend bezeichnete) herrschen eben durchwegs schwächere Winde, die – gepaart mit den sonstigen Vorzügen hochalpiner Bedingungen – ganz einfach langanhaltenden Streckenflug-Genuss auf höchster Stufe verheißen.
Auch durch meine mittlerweile gute Gebietskenntnis entlang des Dreiecks von Antholz zum Großglockner zu den Stubaier Alpen zum Falzarego und retour war es schließlich jener Spot, von dem aus ich heuer meine weitesten und längsten Flüge eingeloggt habe: Was schon früh im Jahr möglich ist, konnte ich bereits am 14. April mit einem 259er FAI-Dreieck unter Beweis stellen. Gefolgt von zwei 268km FAI-Dreiecken am 11. und 12. August, wo zugleich auch meine derzeitige persönliche Bestleistung liegt.
Trotz der Tatsache, dass ich in den letzten 5 Jahren schon 15 Mal dort unten war, war es immer wieder speziell und die Panoramen immer wieder auf’s Neue zutiefst beeindruckend – und keine Spur von Langeweile, da man ja nebst Genuss permanent am Ausloten des momentan Bestmöglichen ist…
Einziger klitzekleiner Wermutstropfen war heuer, dass mein am 12. August an der Grente gestarteter declared-FAI-Weltrekordsversuch von der FAI nicht anerkannt wurde. Begründung laut FAI-Referent Visa-Matti Leinikki ist, dass Gleitschirmflieger nur FAI-Dreiecke mit ZWEI WENDEPUNKTEN als declared-FAI-Dreick geltend machen dürfen. Somit steht spät aber doch fest, dass KEIN GRENTE-FAI-DREIECK (egal wie definiert bzw. geschlossen) ein gültiges Dreieck für eine declared-FAI-triangle Aufgabe ist. Also im Klartext: ein declared-FAI-Dreieck MUSS AM ECKPUNKT GESTARTET WERDEN – in krassem Gegensatz zu anderen Streckenflug-Disziplinen wie etwa dem Segelfliegen, wo auch Starts am Schenkel (also 3 Wendepunkte) erlaubt sind…
Schade nur, dass ich das vorher nicht gewusst hatte, denn an diesem Tag wäre das Knacken der 270er-Schallmauer ein Klacks gewesen – sometimes you win, sometimes you learn…
Dann muss der Weltrekord-Versuch eben vom Stoder aus erfolgen 😉
Abschließend noch mein Kurzfazit zum ebenfalls grandiosen Spirit in meinem aktuellen XC-Umfeld:
Nebst den gewohnt starken Abtenauer Streckenflug-Freunden stellten die steirischen Piloten heuer sehr deutlich unter Beweis, dass sie aus einem ganz besonderen Holz geschnitzt sind. Allen voran Bernhard Peßl, der heuer souverän nicht nur die Junioren-Wertung und Fun&Safety-Klasse gewann, sondern mit seinen Leistungen auch die nächsthöhere Schirmkategorie „Sportklasse“ dominierte. Gleichwohl mein verdienter Mojo-Vereinskollege Werner Luidolt (Aigen/E.) der mit demselben Gerät (Nova Mentor 4) sich gleich 3 Mal den 2. Platz sichern konnte: Fun&Safety, Sportklasse und Vereinswertung.
In der Sogwirkung der hochmotivierten und gut vernetzten steirischen XC-Community hatten heuer aber noch viele weitere Streckenflieger ihre persönlichen Bestleistungen weiter nach oben geschraubt bzw. bestehende Gebiets-Rekorde teils deutlich pulverisiert.
HERZLICHE GRATULATION allen, die diesen fantastischen Sport mit so viel Leidenschaft betreiben und durch ihre streckenfliegerische Neugier fortwährend weiter entwickeln!
Eine positiv anspornende Spirale, die sich beständig nach oben weiter dreht und uns alle gleich auf mehreren Ebenen beflügelt.
In diesem Sinne auf eine ähnlich ergiebige Flugsaison 2016 mit vielen fantastischen Erlebnissen!
FLY SAFE & SEE YOU IN THE AIR!
p.s.: Hier alle besonderen Flüge aus 2015 – zum Mitfliegen in 3D bzw. Mitgenießen der Panoramen, Nachspüren meiner Emotionen oder Lernen aus meinen Fehlern 😉
This entry was posted on Donnerstag, Oktober 1st, 2015 at 05:48
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Posted in: Leistungen, News
Weltmeister 🙂 Herzliche Gratulation Lex, das ist echt ein Wahnsinn!!!
Ich bin nur noch Hike and Fly Pilot, verfolge aber immer wieder deine Erfolge. Bin recht zuversichtlich dass der Weltrekord noch folgen wird – in diesem Sinne allzeit Happy Landings!!!
Meld dich, wenn du mal im Ländle sein solltest 🙂
Lg Jürgen